Geteiltes Sorgerecht in der Schweiz bei Trennung: Diese Fehler machen Frauen immer wieder..
- Delia Bohren
- 13. Juni
- 3 Min. Lesezeit
Im Privaten sowie im Beruflichen fällt mir eines immer wieder auf; Frauen unterschätzen die Folgen einer Trennung massiv. 2014 wurde das Scheidungsrecht überarbeitet und modernisiert, nicht aber zum Vorteil von Frauen, welche in traditionellen Geschlechterrollen leben. Bei Trennungen gibt es dann das böse erwachen. Das Sorgerecht wird geteilt. Die Frau muss für sich und zur Hälfte fürs Kind selbst aufkommen, hat aber Jahre in Teilzeit gearbeitet und die Weiterbildung oder Karriere zurückgestellt, während häufig die Männer Lohn, Karriere und Weiterbildung vorantreiben konnten.
Und Frauen in meinem Alter (Millennials) tun oft genau das wieder. Versteh mich nicht falsch. Wenn du Vollzeit oder relativ viel bei deinen Kindern sein willst, verstehe ich das und das ist auch völlig okay. Den Preis, den du dafür evtl. zahlen musst, sollte dir aber umbedingt VORHER bewusst sein.
Die Scheidungsrate in der Schweiz ist um die 40%. Wir alle können nicht in die Glaskugel schauen und wir wissen nicht, wie Partner, Partnerin oder wir selbst in einem solchen Moment der Wut, Trauer, Verletztheit usw. reagieren werden. Oft treten da ganz neue Charakterzüge beim Partner oder der Partnerin auf...
In der Schweiz wird das Thema „geteiltes Sorgerecht“ bei Trennung oder Scheidung oft unterschätzt – insbesondere von Frauen. Viele gehen davon aus, dass sie im Fall einer Trennung automatisch das alleinige Sorgerecht behalten oder sich finanziell auf den Ex-Partner verlassen können. Doch die Realität sieht anders aus: Seit der Gesetzesänderung von 2014 gilt in der Schweiz grundsätzlich das gemeinsame elterliche Sorgerecht, auch bei unverheirateten Paaren!
Was bedeutet „geteiltes Sorgerecht“ konkret?
Geteiltes (gemeinsames) Sorgerecht bedeutet, dass beide Elternteile gleichberechtigt in wichtigen Fragen mitentscheiden – z. B. bei der Schulwahl, medizinischen Entscheidungen oder der religiösen Erziehung. Es betrifft nicht den Alltag des Kindes (wie wer ihm abends den Pyjama anzieht), sondern strukturelle und langfristige Lebensfragen.
Wichtig: Selbst bei einer Trennung bleibt das gemeinsame Sorgerecht bestehen – es sei denn, das Kindeswohl wäre gefährdet, was selten nachgewiesen werden kann.
Das alleinige Sorgerecht zu bekommen (auch wenn Du als Frau die ganze Zeit alle Care Arbeit alleine getragen hast!), wird sehr schwierig.
Ehe oder Konkubinat – spielt das eine Rolle?
Nur auf den ersten Blick. Zwar müssen unverheiratete Väter das Sorgerecht offiziell beantragen (was heute Standard ist), aber sobald es einmal erteilt wurde, bleibt es bestehen – auch bei einer Trennung. Bei verheirateten Paaren ist das gemeinsame Sorgerecht automatisch gegeben.
Egal also ob in Ehe oder Konkubinat: Frauen können nicht automatisch davon ausgehen, dass sie bei einer Trennung alleinige Entscheidungsbefugnis oder mehr Rechte am Kind haben - auch wenn das während der Beziehung stets so war....
Der finanzielle Aspekt: Selbstverantwortung ist entscheidend
Viele Frauen reduzieren während der Beziehung oder Ehe ihre Erwerbstätigkeit – oft zugunsten der Kinderbetreuung. Das ist nachvollziehbar, kann aber im Trennungsfall zu finanziellen Schwierigkeiten führen.
Denn:
Unterhaltspflichten werden nach finanzieller Leistungsfähigkeit beider Eltern berechnet.
Es gibt keine lebenslange Alimentenpflicht für Frauen. Der Grundsatz lautet: Nach einer Trennung sind beide Eltern verantwortlich, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten, sobald dies zumutbar ist.
Für Konkubinatspaare gilt ohnehin: Es besteht kein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt, da keine Ehe besteht.
Die Erwartung, dass der Ex-Partner dauerhaft finanziell „aufkommt“, ist rechtlich kaum mehr haltbar – außer unter sehr spezifischen Bedingungen (z. B. wenn Kinder sehr klein sind oder die Frau krank ist). Das war VOR 2014 anders. Das neue Scheidungsrecht ist also nicht perse zum Vorteil von Frauen, zumal die Strukturen (Teilzeitarbeit, Care Arbeit usw.) immer noch zu einem grossen Teil an Frauen hängen und so alte patriarchale Strukturen widerspiegeln.
Was sollten Frauen also tun?
Zuerst mal mein Tipp: Wähle Deinen Partner sehr weise! "Better alone than stay unhappy at home!"
Informiert euch frühzeitig über eure Rechte und Pflichten im Familienrecht – am besten vor der Geburt eines Kindes.
Bleibt finanziell unabhängig, so gut es geht – selbst wenn ihr temporär in Teilzeit arbeitet.
Sprecht frühzeitig mit dem Partner über Kinderbetreuung, Erwerbsarbeit und faire Aufgabenteilung – auch für den Fall einer Trennung. Füllt alle möglichen Verträge vorgängig aus (Unterhaltsvertrag, Ehevertrag, Konkubinatsvertrag, Elternvereinbarung usw!). Das erleichtert euch das Leben ungemein!
Nehmt rechtliche Beratung in Anspruch, besonders wenn es um Sorgerecht, Obhut oder Unterhaltsfragen geht.
Fazit
Geteiltes Sorgerecht ist in der Schweiz die Regel – unabhängig von Ehestand oder Trennung. Frauen sollten sich frühzeitig mit den rechtlichen und finanziellen Folgen auseinandersetzen, um bei einer Trennung nicht in eine Schieflage zu geraten. Selbstverantwortung, Wissen und finanzielle Eigenständigkeit sind der Schlüssel, um in jeder Lebenslage selbstbestimmt handeln zu können.
Auch wenn du gerne mehr zuhause bei den Kindern bleibst; das ist okay! Rechne aber bitte gut durch, was es dich kosten wird, sichere dich mit Verträgen möglichst gut ab und entscheide anhand dessen.

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